Am Mittwoch 22.03.2023 lud die LandesHochschulKonferenz Niedersachsen (LHK) auch in diesem Jahr zu einem Parlamentarischen Abend zum Thema „Hochschulautonomie in Niedersachsen“ ein. Neben dem Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur, Falko Mohrs nebst Staatssekretär Professor Dr. Joachim Schachtner, den Präsidentinnen und Präsidenten der niedersächsischen Hochschulen und Vertretern aus Wirtschaft, Verbänden und Gesellschaft zählten insbesondere die zahlreich erschienenen Abgeordneten aller im Niedersächsischen Landtag vertretenden Fraktionen zu den Gästen des Abends. Die Veranstaltung war ausgebucht.
Landtagsvizepräsident Marcus Bosse, der den Parlamentarischen Abend eröffnete, hob in seinem Grußwort die zentrale Bedeutung der Wissenschaft, insbesondere in Krisenzeiten, hervor. Forschung und Lehre müssen frei sein und brauchen eine sichere demokratische Unterstützung. Im Hinblick auf das auch weiterhin zunehmende Tempo des Wandels müsse die Wissenschaft vorangetrieben werden.
Wissenschaftsminister Falko Mohrs bedankte sich bei seinem ebenfalls anwesenden Amtsvorgänger Minister a.D. Björn Thümler für den guten und fairen Übergang der Amtsgeschäfte. Dies sei nicht zuletzt für die Demokratie ein wichtiges Zeichen! Im Folgenden ging er auf die Sonderdividende des Porsche-Börsengangs ein; es sei nun möglich, die zentralen und dringlichen Themen zu adressieren. Dies könne nur mit den Hochschulen als starke Partner gelingen und bedeute neben einer großen Chance auch große Verantwortung. Losgelöst des Förderprogramms „zukunft.niedersachsen“ müsse dringend die Grundfinanzierung der Hochschulen im Auge behalten werden. Diese sei nach wie vor eine zentrale Herausforderung, die unmittelbar angegangen werden müsse, so Minister Mohrs.
Die LHK-Vorsitzende Prof. Dr. Susanne Menzel-Riedl begrüßte die zahlreichen Gäste zum ersten Parlamentarischen Abend in der neuen Legislaturperiode. Das große Interesse an der heutigen Veranstaltung spreche für sich und zeige, dass eine enge Verbindung und Austausch mit der Wissenschaft auch von Politik, Wirtschaft und Gesellschafft gewünscht sei. Die Niedersächsischen Hochschulen schauten trotzt aller Widrigkeiten voller Zuversicht in die Zukunft, denn Wissenschaft sei der „Trumpf, den Niedersachsen im Ärmel“ habe.
Allerdings gebe es auch weiterhin große Herausforderungen. Auf Bundesebene sei beispielsweise das Wissenschaftszeitvertragsgesetz besonderes bedeutend für die Zukunftsfähigkeit der Hochschulen. Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf würden die Probleme nicht gelöst; eigentlich sei niemand zufrieden. Die Vorsitzende appellierte an die Abgeordnete, einen sachlichen Blick zu behalten und den Dialog mit den Hochschulen unbedingt zu suchen.
Auch in Niedersachsen gebe es viele Herausforderungen, wovon einige viel Geld kosten werden – andere keins. Der Sanierungsstau beispielsweise beziffere sich laut eines Gutachtens von 2020 unter dem Vorsitz von Dr. Wilhelm Krull auf ein Gesamtvolumen von rund 4,3 Milliarden € für Sanierungen, Modernisierungen und notwendige Bestandserweiterung. Auch die Professor:innenbesoldung stelle ein ernstzunehmendes Problem dar, hier rangiert Niedersachsen auf Platz 16/16 im Ländervergleich. Die Grundfinanzierung der Hochschulen sei, wie bereits von Minister Mohrs erwähnt, ebenfalls nicht ausreichend.
Aber andere Bereiche, und dies sei die positive Nachricht, kosteten kein Geld. Die Hochschulautonomie sei der Schlüssel für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen. Ein entsprechendes Gutachten des Centrums für Hochschulentwicklung definiere hier sieben zentrale Herausforderungen, von denen drei exemplarisch drei herausgegriffen wurden:
1. Hohe Komplexität der Berufungsverfahren
2. Autonomiefremde, zeitaufwändige Genehmigungspflicht von Studiengängen
3. Detailsteuerung im Zielvereinbarungsprozess.
In einer anschließenden – auch unterhaltsamen und heiteren - Podiumsdiskussion, die durch ein Eingangsstatement des Sprechers der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Dr. Marc Hudy, eröffnet wurde, und an der im Folgenden Präsidentin Prof. Dr. Angela Ittel (TU Braunschweig), Präsident Prof. Dr. Metin Tolan (Uni Göttingen) und Präsident Prof. Dr. Ralph Bruder (Uni Oldenburg) teilnahmen, wurden die zentralen Herausforderungen aus den unterschiedlichen Blickwinkeln anderer Länder beleuchtet.
In Nordrhein-Westfalen beispielsweise würden Berufungsverfahren ohne obligatorische Beteiligung der Hochschulräte und Fachministerien durchgeführt, so Professor Tolan. Herr Professor Bruder ergänzte, dass in Hessen mit dem Inkrafttreten des so genannten „Autonomiegesetzes“ die Dienstherreneigenschaft an die Technische Universität Darmstadt übertragen worden sei, was seither zu einer großen Beschleunigung auch der Berufungsverfahren geführt habe. Diese Beschleunigung gelte auch für den Hochschulbau. Die Beschäftigten der TU Darmstadt würden seither die Verantwortung übernehmen, was durch gute Prozesse unterstützt wird. Frau Professorin Ittel, die aus Berlin berichtete, stellte fest, dass es sich in der Zusammenarbeit zwischen Ministerium und den Hochschulen um eine Kulturfrage handele, die allerdings verändert werden könne und sollte. Sie empfahl, mit der Landesregierung gemeinsame Ziele zu vereinbaren, die dann von den Hochschulen eigenverantwortlich umgesetzt werden können. Die erforderliche Strategiefähigkeit sei vorhanden.
Professor Bruder endet mit dem Schlusswort „Hochschulautonomie bedeutet Vertrauen geben und Verantwortung übernehmen!“ Es schloss sich ein intensiver und angeregter Meinungsaustausch bei hervorragender Stimmung bis tief in die Abendstunden im Restaurant Leineschloss in Hannover an.